Siem Reap

Gewaltig, atemberaubend, Angkor!

Kurz nachdem die Sonne am Samstag aufgegangen war, ging es mit dem Taxi zum Flughafen. Von Yangon flogen wir über Bangkok in das letzte Land unserer Reise, Kambodscha.
Angekommen am Flughafen in Siem Reap mussten wir uns kurz über die extreme Unfreundlichkeit der Beamten aufregen, die für unser Visum und den Einreisestempel verantwortlich waren. 

Der 1. Platz für Südostasiens unfreundlichste Einreisebeamten geht somit MIT ABSTAND an den Flughafen Siem Reap! Unseren herzlichsten Glückwunsch! :-)

Nachdem unser Gepäck auf dem Wagen lag, gingen wir aus dem Flughafengebäude und wurden von einem Hotelangestellten empfangen. Kurz die Rucksäcke im Tuk Tuk verstaut und ab ging die Fahrt. Während uns der staubige Wind um die Ohren wehte, konnten wir den Ärger über die Unfreundlichkeit auch wieder vergessen. Leider sollte es das für den Tag noch nicht gewesen sein, denn im Hotel ging es gleich weiter. Erst hieß es, in unserem Zimmer sei ein Wasserschaden und dann laut einem anderen Mitarbeiter waren sie plötzlich überbucht. Wie auch immer - wir mussten für eine Nacht in ein Partnerhotel umziehen. An sich kein Problem, aber sie hatten anscheinend vergessen das Zimmer zu reinigen bzw. seit 3 Monaten keine Gäste mehr in diesem gehabt. Da das Hotel nicht gerade günstig war, blieb uns nichts anderes übrig, als uns zu beschweren. Das Ergebnis war, dass wir das Geld für die erste Nacht zurückbekamen und sie das Zimmer nochmal reinigten. Das Wort "nochmal" hat uns in dem Satz am besten gefallen. Jedenfalls sah es danach besser aus und wir waren halbwegs zufrieden. 

Im Anschluss trafen wir uns mit einem Tuk Tuk Fahrer namens Sytoeun, der uns die nächsten zwei Tage zu den besten Tempeln Angkors fahren sollte. Nachdem wir alles besprochen hatten, verabschiedeten wir uns voneinander und gingen abendbroten. 

Sonntag brachen wir nach dem Frühstück auf zum 1. Tempeltag. Sytoeun holte uns vom Hotel ab. Erster Stop war das Ticketoffice, wo wir uns für je 40$ (aktuell 36,50€) ein Drei-Tages-Ticket für die Tempel von Angkor kaufen mussten. 

Dann ging es vorbei am Angkor Wat durch Angkor Thom ("Große Hauptstadt"). Am Nordtor machten wir Halt. Ingesamt hat die Stadt fünf solcher Tore, die über Dämme, die die Wassergräben durchqueren, erreichbar sind. Als seitliche Balustraden dienen je 54 Gottheiten, links und rechts, die ein Schlangenwesen tragen.
Weiter ging es zu Preah Khan, eine der größten Anlagen Angkors. Sie wurde von König Jayavarman VII. erbaut und war damals wahrscheinlich eine buddhistische Universität, in der über 1000 Lehrer wohnten.
Preah Neak Pean war der nächste Stop. Dieser Wassertempel wurde im späten 12. Jahrhundert ebenfalls von König Jayavarman VII. erbaut. Im Grunde genommen sahen wir einen Turm in einem großen quadratischen Becken, welches von vier kleineren quadratischen Becken gesäumt war.
Weiter ging es zum buddhistischen Tempel Ta Som. Besonders interessant fanden wir die Dschungelatmosphäre. Die Anlage lag größtenteils brach und war von Vegetation überwuchert. Wie in allen bisherigen Anlagen verkauften auch hier kleine Kinder Postkarten und Magnete. Mathias spielte kurz mit einem Mädchen und so vergaß sie ihre eigentliche Aufgabe und war für drei Minuten ein normales, spielendes Kind, welches kleine Kaulquappen fing.
Nächster Stop war der Östliche Mebon. Das Heiligtum befindet sich auf einer quaderförmigen, künstlichen Insel im (heute ausgetrockneten) östlichen Baray.
Im Anschluss war der Banteay Srei unser Ziel. Baubeginn dieses Tempels war 967 n. Chr.. Allerdings wurde er wohl nicht von einem König in Auftrag gegeben, sonder von Brahman (Lehrer von Jayavarman V.).
Ebenfalls brüchig und in schlechtem Zustand fanden wir den Banteay Kdei vor.
Einen Steinwurf entfernt bestaunten wir noch den früheren königlichen Badesee Srah Srang.

Zum Ende des Tages waren wir am Pre Rup, um von diesem Tempel aus, mit mehr als 100 anderen Touristen, den  Sonnenuntergang zu bestaunen. Dieser Pyramidentempel ist der bedeutendste Angkortempel des 10. Jahrhunderts.
Ein toller und interessanter, aber auch anstrengender Tag, ging zu Ende. Die Tempel beeindruckten uns sehr, aber die vielen kleinen bettelnden Kinder gingen uns nur schwer aus dem Kopf. Sie werden von den Eltern trainiert, die Zahlen von 1-10 in englisch und den wichtigsten europäischen Sprachen aufzusagen und erhoffen sich so, ihre Postkarten oder andere Souvenirs leichter zu verkaufen. Allerdings befindet man sich als Tourist in der Zwickmühle. Geld müssen die Kinder an ihre Eltern abdrücken. Aber selbst wenn man ihnen kleine Geschenke macht oder Süßigkeiten gibt, werden sie darin bestärkt, nicht zur Schule zu gehen, weil es ihnen am Tempel besser geht. 

Am Montag wurden wir vor dem Sonnenaufgang um 4:30 abgeholt, um diesen am Angkor Wat zu bestaunen. Dieser Tempel ist das größte religiöse Gebäude der Welt und der bekannteste Tempel Angkors. Er wurde nie der Natur überlassen und ist das Nationalsymbol der Khmer. Obwohl es sehr bewölkt war, bot sich uns ein spektakulärer Anblick, den wir mit hunderten von Leuten teilten. Die Farben änderten sich gefühlt jede Sekunde. Nach dem Sonnenaufgang verließen wir die Anlage wieder, um an Nachmittag (weniger Leute) zurückzukehren.
Noch ziemlich angetan von dem Anblick steuerten wir den Ta Prohm an, der im 12. Jahrhundert von König Jayavarman VII. erbaut wurde. Der Tempel ist bekannt durch den Film "Tomb Raider" mit Angelina Jolie. Es scheint, als würde sich die Natur diese Tempel zurückholen, denn überall sahen wir jahrhundertealte Bäume, Moos und Kletterpflanzen. Außerdem sind aufgrund des Zerfalls viele Gänge nicht passierbar. Ein beeindruckender Ort.
Dann ging es weiter zum Ta Nei. Aufgrund des relativ schlechten Zugangswegs mitten im Wald war der Tempel, obwohl er sich mitten in Angkor befindet, menschenleer. In der Regenzeit kann der Tempel nur mühevoll zu Fuß erreicht werden. Ta Nei wurde in seinem natürlichen Zustand belassen und nicht restauriert.
Nächster Stop war der Ta Keo, ein etwa eintausend Jahre alter monumentaler Tempelberg in der zentralen Angkorregion.
Dann ging es zu einem für uns sehr beeindruckenden Tempel namens Bayon. Dieser liegt in Angkor Thom (siehe oben). Das besondere sind die 54 gotische Türme mit insgesamt 216 riesigen kalt lächelnden Gesichter (von Aval okiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls). Außerdem fanden wir Flachreliefs die das Leben in Kambodscha im 12. Jahrhundert darstellten. 
Einen Steinwurf entfernt lag der Baphoun, der auch als "größtes Puzzle der Welt" bezeichnet wird. Er wurde vor dem Bürgerkrieg von Archäologen Stück für Stück auseinandergenommen, bevor die akribischen Aufzeichnungen dem Wahnsinn der Roten Khmer zum Opfer fielen. Nach Jahren aufreibender Forschungsarbeit wurde wieder damit begonnen, den Tempel zu restaurieren.
Vorbei am Phimeanakas und über die Elefantenterrasse, ging es wieder zu unserem Tuk Tuk und erstmal zum Mittag.
Als Abschluss ging es zurück zum gewaltigen Angkor Wat (siehe oben). Die detaillierten Verzierungen, der Zustand der ganzen Anlage, aber auch seine Größe sowie der atemberaubende Ausblick überwältigten uns. Ein gelungener Abschluss unserer 2-Tages-Tour.
Dienstag ließen wir es ruhig angehen, denn die vergangenen zwei Tage waren etwas anstrengend, aufgrund des vielen Laufens und der großen Hitze. Nach dem Frühstück widmeten wir uns wieder ein paar organisatorischen Dingen, bevor wir Bustickets nach Battambang kauften. Danach machten wir es uns in einem Kaffee gemütlich und beobachteten das Geschehen auf der Straße.
Im Anschluss kauften wir ein paar Souvenirs, bevor wir wieder Richtung Hotel wollten. Auf dem Weg fiel uns ein Tourist auf, der mit einem bettelnden Mädchen auf dem Weg zu einer Apotheke war. Da wir wussten, was dort vor sich geht, warnten wir den Touristen, was uns etwas Ärger einbrachte. 

Früher haben die Leute auf den Straßen offen nach Geld gebettelt. Da dies nicht so viel einbrachte, sie aber um die Gutmütigkeit der Touristen wissen, haben sie eine neue Masche entwickelt. Frauen haben Kinder auf ihren Armen (teilweise "geliehene" Kinder aus Heimen) und fragen, ob die Leute ihnen Milchpulver für ihre Kinder kaufen können. Die Mitarbeiten in den Apotheken stecken mit den Bettlern unter einer Decke und verkaufen die Dosen sehr teuer. Später bringen die Bettler das Pulver zurück und teilen mit der Apotheke das Geld. Der Tourist denkt, dass er etwas Gutes tut, aber wird einfach nur beschissen. Dass das Geschäft sehr gut läuft, konnten wir an einem Abend beobachten, als wir in einem Restaurant saßen und mehrere Touristen dabei beobachteten. In jedem "westlichen" Restaurant wird darauf hingewiesen, dass man nachdenken soll, bevor man Frauen Milchpulver kauft, aber die Einheimischen beobachten die ganze Sache und lachen sogar darüber. Wenn man von den Frauen mit traurigem Gesicht angesprochen wird und ihnen sagt, dass man weiß, was sie für ein Spiel spielen, werden sie schnell aggressiv und sehr beleidigend. Das Problem an der Sache ist, dass junge Leute lieber Touristen bescheißen als zur Schule zu gehen.
Dies ist nur ein Beispiel, wie Touristen in Kambodscha systematisch übers Ohr gehauen werden und ihnen aufgrund ihrer Gutmütigkeit Geld aus den Taschen gezogen wird. Wen das Thema interessiert, der findet im Internet unzählige erschreckende Artikel dazu.

Der Tourist ließ davon ab das Milchpulver zu kaufen und war uns sehr dankbar. Allerdings hatten wir dann zwei Mädchen mit Babys an der Backe, die uns beleidigten und mit Kokosnussstücken nach uns schmeißen wollten. Sie waren wie gesagt sehr aggressiv, allerdings konnten sie nicht wirklich etwas tun. Schade war auch, dass weder Einheimische noch andere Touristen auf uns zukamen, um uns zu helfen oder zumindest zu fragen, ob alles okay sei, was offensichtlich nicht der Fall war. Nach einer Weile verloren sie die Lust an uns und merkten wohl, dass sie uns nicht einschüchtern können. Etwas wütend ging es zurück in die Unterkunft. Wir kamen jedoch schnell wieder runter und freuten uns auf den Abend. Wir hatten Karten für einen ganz besonderen Zirkus. 

Etwas traurig machte uns dann allerdings wieder einmal das Verhalten eines Hotelangestellten. Er wollte uns für den Weg zum Zirkus (mit dem Fahrrad 5-6min. oder mit einem Tuk Tuk von der Straße für insgesamt 2$) ein Tuk Tuk für 5$ aufquatschen. Begründung war, dass der Fahrer am Zirkus auf uns warten würde. Als wir sagten, dass niemand warten muss, weil vor dem Zirkus sicher viele Tuk Tuks stehen werden, um die Leute nach der Vorstellung in die Hotels zu bringen, meinte er, dass dies nicht der Fall sein wird. Wir wussten, dass er log, aber es war uns egal, denn wir nahmen das Fahrrad. Nach der Vorstellung standen übrigens wirklich sehr viele Fahrer vor dem Zirkus, die sich halb um die Leute prügelten. Bitter, dass selbst Hotelangestellte denken, dass man dumm sei und sie einem locker das Geld aus den Taschen ziehen können. 

Zurück zum Zirkus namens "Phare": alle Künstler, die in der Manege stehen, lernen ihre Fähigkeiten an der Schule der gemeinnützigen Organisation Phare Ponleu Selpak. Sie kümmert sich um Kinder aus schwierigen oder ärmlichen Verhältnissen und bietet ihnen nicht nur eine Schulbildung, sondern auch Unterricht in Kunst, Musik und Artistik. Viele Schüler sind Waisen, ehemalige Straßenkinder oder stammen aus sehr armen Familien.

Gegründet wurde die Organisation ursprünglich vor zwanzig Jahren von acht jungen Männern, die nach den Schrecken des Regimes der Roten Khmer in einem Flüchtlingslager Hilfe durch Kunsttherapie fanden. Diese Erfahrung wollten sie an benachteiligte jungen Menschen weitergeben, um so neue Perspektiven zu schaffen, in einem armen Land mit einer traumatischen Vergangenheit. Die Initiatoren gründeten zunächst eine allgemeinbildende- und eine Kunstschule. Später folgten Bildungseinrichtungen, die sich auf Musik, Theater und zuletzt Zirkus konzentrierten. Die erste Aufführung dieser Art fand im Februar 2013 in Siem Reap statt.

Rund 50 Schauspieler, Artisten und Musiker sind inzwischen beim Zirkus Phare für sieben verschiedene Shows angestellt. Neben den Darbietungen in Siem Reap touren die Künstler mit ihrer Mischung aus Musik, Theater und Akrobatik rund um die Welt. Sie waren bereits in Deutschland, Japan, Südkorea und Frankreich. 
Die meisten von ihnen haben ihren Abschluss an der Schule des Projekts in Battambang gemacht. Heute unterstützen sie diese wiederum durch die Gewinne aus den Aufführungen, die teilweise wiederum den Projekten der Organisation zugutekommen, und ermöglichen so anderen jungen Menschen, denselben Weg einzuschlagen.

Wir haben die Aufführung extrem genossen und hatten ziemlich viel Spaß. Als der Applaus nach der Vorstellung verstummt war, blieben die jungen Zirkuskünstler vor Schweiß glänzend, aber freudestrahlend in der Manege, um sich Fragen zu stellen und für Fotos zu posen. Wir sahen Ihnen an, dass sie sehr stolz waren und die Anerkennung genossen und das absolut zurecht! Schwer beeindruckt und glücklich fuhren wir durch Siem Reaps Nacht zum Hotel zurück.
Am Mittwoch frühstückten und planten wir, bevor wir in einen sehr schönen und super leckeren Cupcake Laden gingen. Im Anschluss spazierten wir noch etwas umher, bevor wir in unsere Unterkunft zurückkehrten und unsere Sachen zusammenpackten.
Dann gab es noch ein leckeres Abendessen beim Italiener und eine Runde auf dem Nachtmarkt, bevor die Tage in Siem Reap schon wieder vorbei waren.
Beeindruckt, aber auch traurig, wütend und nachdenklich, schauen wir auf die vergangenen Tage zurück.

Artistische Grüße in die Heimat! 

Kathleen&Mathias

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Wiebke (Montag, 02 November 2015 13:06)

    Unglaublich, was man da über die Touristenabzocke lesen muss :( Aber gut, dass ihr Euch nicht über's Ohr habt hauen lassen :) Unglaublich ist es aber auch, dass das schon die letzte Station eurer Reise ist! Wie die Zeit vergeht! Ich hoffe und wünsche Euch, dass ihr in den letzten 3 Wochen noch ganz viele positive Erfahrungen machen werdet! Deutschland freut sich aber auch schon sehr auf Euch!

  • #2

    BB (Montag, 02 November 2015 17:56)

    Hallo ihr zwei,
    ihr seht wieder richtig gut aus auf euren Fotos!
    Mein Zauberbesen hätte das Zimmer so richtig durchgewirbelt und alles wäre sauber gewesen, aber nicht jeder hat einen Kartoffelbrei. ;)
    Ich habe gestaunt, dass der (?) oder das (?) Tuk Tuk ein Moped mit Anhänger ist.
    Die ganzen Tempel, schon beeindruckend wie sich die Natur mit ihnen verbindet. Wie die Wurzeln die Gebäude "greifen". Es erinnert alles sehr an einen Zauberwald. Am besten ist das Foto mit dem Gesicht zwischen den Wurzeln, "Tomb Raider"-Tempel.
    Wieviel Leute da morgens unterwegs sind, um den Sonnenaufgang zu sehen. Es scheint sich auch wieder gelohnt zu haben.
    Bei all den schönen Erlebnissen, jedes Land hat seine Eigenheiten, Gewohnheiten, Lebensweisen.....umso schöner von den Zirkusartisten zu lesen.
    Man sieht auf dem Foto mit den jungen Künstlern und dem bärtigen Mann wieviel Freude dabei ist, super.
    Ihr habt mir wieder viel Freude bereitet, hex, hex.... :*
    PS: So schade, dass ich mich verraten habe

  • #3

    Kathleen&Mathias (Mittwoch, 04 November 2015 03:25)

    @Wiebke: Danke Danke. Wir genießen alles in vollen Zügen und freuen uns (ein ganz kleines bisschen) auch auf Deutschland. Aber nicht auf das Wetter ;)

    @BB: Kartoffelbrei ist eben nur für ganz bestimmte Menschen vorgesehen - da hat die Bibi wohl großes Glück gehabt. Beim nächsten Mal sollten wir uns ein Duplikat zulegen ;) liebste Grüße